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„Der Mensch denkt und Gott lenkt ...“ - pflegte meine Großmutter bei vielen Gelegenheiten zu sagen. Damals schaute ich sie mitleidig an, in dem Bewusstsein, dass sie es als einfacher Mensch eben nicht besser wissen konnte. Ich war ein Kind der Aufklärung und hatte u. a. "Formale Logik" studiert. Wenn auch noch nicht alles wissenschaftlich erklärt war, war dies doch nur eine Frage der Zeit. Streng katholisch erzogen dauerte es einige Jahre in denen meine Zweifel immer größer wurden. Auf der Suche in anderen Religionen und Denkweisen, stieß ich überall auf Begrenzungen und die Notwendigkeit unbeweisbares zu glauben. Das einzige Gedankengebäude mit Format war für mich dann der Taoismus mit seinen Tao, Te und Wuwei. Dabei trat ein Phänomen in mein Bewusstsein, nämlich die Tatsache dass das geschriebene Wort keineswegs immer eineindeutig ist. Insbesondere Übersetzungen in eine andere Sprache haben so ihre Tücken. Irgendwann war dann mein Augenmerk auf die Bergpredigt gefallen. Vom Seitenumfang her ist Matthäus 5 ähnlich überschaubar wie das Tao Te King von Lao Tse. Neben vielen verschiedenen Bibelübersetzungen gibt es reichlich und preiswerte Sekundärliteratur dazu. In einem Buch hat Franz Alt die erste Seligpreisung so Zitiert: "Freuen dürfen sich alle, die nur noch von Gott etwas erwarten und nichts von sich selber, denn sie werden mit ihm in der neuen Welt leben." Das überraschte mich, denn ich kannte nur: "Selig, die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich." Erst dachte ich, dass sich da der Herr Alt eine schöne Formulierung hat einfallen lassen. In Wahrheit zitierte er jedoch aus einer gemeinsamen Bibelübersetzung der beiden christlichen Kirchen, von 1983. Das war von nun an für mich „Die frohe Botschaft“, die uns Jesus hinterlassen hat. In den seitdem vergangenen 30 Jahren habe ich an mir immer wieder beobachtet, wie sehr mir diese Erkenntnis mein Leben erleichtert. Manchmal fällt mir z. B. scheinbar spontan etwas ein oder es fällt mir etwas nicht ein, obwohl ich es doch wissen müsste. Hinzu kommt noch ein „Mantra“ aus einer anderen Quelle: „Alles ist so richtig wie es ist, sonst wäre es nicht so.“ Denn, wenn alles von Gott kommt, ist alles richtig und das erleichtert mein Leben und Denken. M. a. W.: Alle Menschen dürfen sich freuen und mit IHM in der neuen Welt (also im Hier und Jetzt, nicht erst im Jenseits) leben, wenn sie nur noch von Gott etwas erwarten und nichts von sich selber. Zu dieser Erkenntnis passen natürlich auch die Ergebnisse der neueren Hirnforschung, bei der sog. „Freie Wille“ in Frage gestellt wird. Gerne möchte ich noch einen Zweiten Gedanken erläutern. Auch bei ihm geht es um meine „eigenwillige“ Deutung einer Stelle aus der Bibel, bei der ich mich ebenfalls wundere, warum er mir „eingefallen“ ist und warum er mir so gut gefällt. Es geht, ich sags mal mit meinen Worten, um die Vertreibung des Menschen aus dem Paradiese. Wie immer das Paradies ausschauen mag, es kann und muss gar nicht anders sein, als das was wir hier und jetzt so um uns herum sehen können. Es funktioniert ja alles seit ewigen Zeiten und es gibt keinen Grund zur Annahme, dass dies nicht in der Zukunft so weiter geht. Da tauchte irgendwann in grauer Vorzeit ein Wesen auf - der Mensch. Dank seines immer größer werdenden Gehirns unterscheidet es sich von allen anderen Geschöpfen. Mit dem Gehirn kann es nicht nur, wie die anderen Lebewesen auch, seinen Körper steuern, sondern es kann auch noch zeitlich vorwärts und zurück denken. Ganz wie man will, ob man es kreationistisch sieht und sich vorstellt, dass Gott vor 6000 Jahren die Erde und die Menschen erschaffen hat, oder ob man an die 4 Millionen Jahre der Evolution denkt, in der sich das menschliche Gehirn zu seiner heutigen Form entwickelt hat, ist eigentlich egal. Man kann sich auch die Entwicklung jedes einzelnen Menschen vorstellen. In den ersten 2 bis 3 Lebensjahren kann man gut sehen, wie sich diese kleinen Menschlein im Paradies befinden. Sie vertrauen voll und ganz auf ihre Eltern und deren Fürsorge. Erst dann beginnen sie deren Wertschätzungen und auch ihre Vorurteile zu übernehmen. Sie können gar nicht anders, als sich an dem Beispiel ihrer Eltern zu orientieren. Die Bibel erzählt uns, dass der Mensch, nachdem er eine Frucht vom Baum der Erkenntnis gegessen hatte, fühlte wie Gott, dass er insbesondere meinte Gut und Böse unterscheiden zu können. Nach meiner Selbstbeobachtung ist das im Grunde gar nicht so einfach. Wie oft schon habe ich ein Urteil gefällt, das ich später, nach einigem Nachdenken oder nach der Kenntnisnahme neuer Argumente, revidierte. Und auch, bei Auseinandersetzungen einzelner Menschen oder ganzer Völker, hält sich doch jede der beiden Parteien für gut und den anderen für böse. Millionen Menschen sind deswegen schon, sogar „im Namen Gottes“ getötet worden. Da habe ich mir gedacht, ich könnte mich doch gedanklich einfach aus all den Ereignissen um mich herum raus halten und keine Stellung beziehen. Im Sinne von: „Warten wirs mal ab, wer weiß wofür es gut ist?“ Und nun die Schlussfolgerung: Wenn ich alles von Gott erwarte und das alles, was von ihm kommt, auch wenn ich die Zusammenhänge nicht verstehe, für richtig (Alle Dinge sind so richtig, wie sie sind, sonst wären sie nicht so!) erkenne, bin ich doch im Paradies. Das ist das Paradies! Ich fühle mich im Paradies lebend. Nur, das nicht Einverstanden-sein des Menschen mit dem was Gott, aus für uns oft undurchschaubaren Gründen, tut, vertreibt uns daraus. Alle anderen Geschöpfe Gottes haben damit keine Probleme. Ich denke da exemplarisch an das Verhältnis zwischen Katze und Maus. Was die Katze da tut, ist, vom Standpunkt der Maus aus, ganz schön „böse“. Dennoch gibt es keinen Mäuseaufstand gegen die Katzen und sicher auch keine Bittgebete an Gott. Das Wesen „Gott“ stelle ich mir allerdings etwas höher angeordnet vor, wie das die Christen und andere Monotheisten tun. Gott ist für mich Gut und Böse zugleich. Die Unterscheidung, bzw. Beurteilung geschieht nur durch mich, wenn ich meine ich sei so klug wie Gott. Oder, mit anderen Worten, es gibt kein „Böse“ außer in unseren Köpfen. Willi Schwägerl – 20. März 2015 Themenwoche: „Woran glaubst du?“ in 3sat